Aufbau und Teile Violinenbogen / Geigenbogen

Hier möchte ich Ihnen den Geigenbogen und seine Teile näher erklären. Weiterhin finden Sie Infos zum Bogenbau, der Tonerzeugung und dem franz. und ital. Bogenbegriff.

Teile des Bogens

Kopf / Spitze – Bogenspitze hält die Bogenhaare.

Haare – Der Bezug besteht aus 150-170 Haaren vom Schweif eines Pferdes.

Stange – Die Bogenstange ist aus Pernambukholz.

Wicklung – Drahtumwicklung kann auch aus Silber oder Gold sein.

Leder – Hier liegt der Zeigefinger auf. Das Leder schützt die Bogenstange vor Schweiß.

Frosch – Frosch ist aus Ebenholz und enthält das sogenannte Froschauge.

Schraube – Mit dem Drehen der Schraube wird der Bezug ent-/gespannt.

 

Hier noch eine größere Abbildung der oberen Hälfte des Geigenbogens

und der unteren Hälfte.

Der Bogenbau

Im modernen Bogenbau kommt für die Stange hauptsächlich Fernambuk-Holz zum Einsatz. Unter der Botanischen Bezeichnung caesalpina echinata, gibt es ca. 125 Arten, von denen etwa 20 im Bogenbau Verwendung finden. Diese 125 Arten werden auch Brasil-Hölzer genannt “Die Bezeichnung “brasil” beschreibt die Farbe glühender Kohle und diente ursprünglich als Sammelname für jene roten Farbhölzer, die seit den Reisen Marco Polos aus Südostasien sporadisch, seit dem 14. Jahrhundert regelmäßig, nach Europa gebracht und in der Textilfärberei eingesetzt wurden. Als C-bral 1500 die Ostküste Südamerikas entdeckte, war er über die Menge der in der Region wachsenden Rothölzer erstaunt und übertrug den ihm geläufigen Handelsnamen Brasil nicht nur auf das Holz von Guilandina echinata, sondern auch auf das gerade entdeckte Neuland – Brasilien. Fernambuk war dann das erste wichtige Exportprodukt der Region Nordostbrasilien und hatte als Farbholz lange Zeit eine große wirtschaftliche Bedeutung. Die ursprünglich reichlichen Vorräte wurden jedoch derart dezimiert, dass zum Zeitpunkt der Einführung synthetischer Anilinfarben um 1841 Fernambuk schon eine Seltenheit war. Mit Sicherheit war demnach Fernambuk schon auf dem Europäischen Markt bekannt, als die ersten Geigen heutiger Form in Brescia durch den 1550 geborenen Gasparo Bertolotti genannt da Salo gebaut wurden. Jedoch vergingen rund zweieinhalb Jahrhunderte, bis um die Mitte des 18. Jahrhunderts zunächst in Frankreich, dann auch in England die ersten Bögen aus Fernambuc gefertigt wurden.”
Die Färbung des Kerns des Fernambuk-Holzes reicht vom hellen Orange über Brauntöne bis hin zu tiefem Rotbraun. Dabei haben neben den Unterschieden zwischen den Fernambukholzarten auch die Wachstumsstandorte einen großen Einfluss auf Farbe, Gewicht und Qualität.

Die Frühgeschichte des Streichbogens wird in der Fachliteratur meist äußerst spärlich und teils widersprüchlich dargelegt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So wären beispielsweise Originale nur unter außergewöhnlichen physikalischen Bedingungen bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. Ikonografische Darstellungen oder Textquellen, zumindest in der Frühzeit, dienen somit als einzige Quellen. Religiöse Einschränkungen – das Alte Testament verbot jede Abbildung von Menschen oder Dingen – kommen erschwerend hinzu. Aus ikonografischen Quellen auf den Entwicklungsstand, die handwerkliche Ausführung oder gar die spieltechnischen Eigenschaften der Bögen zu schließen, ist jedoch äußerst diffizil. Manche der abgebildeten Bögen wirken plump, andere wieder wohl ausgewogen und elegant. Je nach Können und Detailkenntnis des darstellenden Künstlers müssen hier Abstriche in der genauen Beurteilung gemacht werden. So kann man beispielsweise kaum einen direkten Vergleich zwischen der Genauigkeit der Darstellung in dieser Miniatur von 1109 machen.

Tonerzeugung

Die Saite klebt an dem Kolophonium behafteten Bogenhaaren fest, wird mitgenommen und löst sich plötzlich wieder und schnellt in die ursprüngliche Position zurück, dieser Vorgang wiederholt sich immer wieder -> Sägezahnschwingung.
Die schwingende Saite überträgt die Schwingung auf den Steg dieser überträgt sie auf die Decke. Bassbalken und Stimmstock übertragen die Schwingung auf Decke und Boden. Im Geigenkörper wird der eigentlich leise Ton verstärkt und so gut hörbar. Der verstärkte Ton tritt durch die F-Löcher nach außen. Die Obertöne tragen zum typischen Klangcharakter der Violine bei, sie sind ein Qualitätsmerkmal.

Es ist sehr von Bedeutung an welcher Stelle des Bogens man streicht: verschiedene Stellen sind für bestimmte Lautstärken und Effekte geeignet. Obere Bogenhälfte und Spitze sind ideal für leise Töne. Bogenmitte (nach Gewicht) ist ideal für springende Stricharten, weil der Bogen gut hüpft. Untere Bogenhälfte und Frosch sind geeignet für laute Töne. Ebenso kommt es auf die Stelle an, an welcher der Bogen die Saite streicht: je nachdem ob dicht am Steg oder näher am Griffbrett entstehen unterschiedliche Klangfarben. Auch kann auf dem Steg ein hölzernes Kämmchen geklemmt werden, wodurch die Schwingungen, die vom Steg auf den Resonanzkörper übertragen werden, gedämpft werden. So klingt der Ton sehr zart und weit entfernt

Der französische und italienische Bogenbegriff

In Frankreich enthalten die Aufzeichnungen über das höfische Leben zahlreiche Hinweise auf den Gebrauch von Violinen um und nach dem Jahr 1550. Zur Abgrenzung der Violine zur Viole schreibt Jambe de Fer (ca. 1508 oder ca. 1515-1566): “Die Violine ist sehr verschieden von der Viole. Das Corpus ist kleiner, flacher und der Ton ist rauer […] und die Franzosen und Italiener unterscheiden sich nicht in der Spielweise des Instruments […]. Wir nennen jene Instrumente Violen, mit denen vornehme Herren, Kaufleute und andere ehrbare Leute sich die Zeit vertreiben […]. Die andere Art Instrument wird Violine genannt; es wird gewöhnlich für den Tanz verwendet, und dieses mit gutem Grund, denn es ist leichter, in Quinten zu stimmen als in Quarten. Es ist auch leichter zu tragen, was von Wichtigkeit ist, wenn man Hochzeitszüge anführt, oder beim Mummenschanz […]. Überdies gibt es wenige Leute, die sie benutzen, außer solchen, die mit ihr ihren Lebensunterhalt verdienen.” Auf den ersten Geigen und somit mit den ersten Violinbögen wurde hauptsächlich Tanzmusik gespielt oder sie übernahmen die colla-parte-Stimmen in den Vokalsätzen. Die erste gedruckte Violinmusik stammt aus dem Jahr 1581, eine Hochzeitsmusik. Von Lambert de Beaulieu und Jacques Salmon (der letztere war wahrscheinlich ein Violinspieler) komponiert, wurde sie in “Circe ou le ballet comique de la Reine” veröffentlicht und anlässlich der Vermählung des Duc de Yojeuse mit Mme de Vaudemont aufgeführt. “Im 16. Jahrhundert wurde im größeren Umfang französische Tanzmusik für Ensembles gedruckt; aber keine Tanzmusik vor 1581 […] kann speziell mit der Violine in Verbindung gebracht werden.” Diese Hochzeitsmusik könnte aber durchaus auch von anderen Instrumenten gespielt worden sein. Besondere technische Anforderungen werden weder an den Violinspieler noch an den Bogen gestellt. Wie aus den Titeln solcher Tanzsammlungen häufig hervorgeht, sind sie jedoch “für alle Arten von Instrumenten” oder sogar für Singstimmen bestimmt. “Diese Danceries waren wohl für Liebhaber gedacht, und nicht für die typischen Musikanten, wie die Violinspieler, die zum Tanz aufspielen. Bezeichnenderweise spielen die Tanzmusiker auf den Bildern der Zeit ohne Noten.” Die damals verwendeten Bögen waren sehr kurz und wenig modellierfähig. Durch die tiefe Brusthaltung der Geige war auch der Bogenarm in einer tiefen Stellung, wodurch der Bogen trotz geringem Eigen- und Armgewicht genügend belastet wurde. Der Bogen wurde in der Mehrzahl mit dem Daumen unter den Haaren gehalten. Durch diese, später auch als “französischer Griff” bezeichnete Haltung, waren die für die Tanzmusik notwendigen Akzentuierungen gut auszuführen. Trotz ihres Namens, den sie vermutlich in späteren Jahren erhielt, war diese Bogenhaltung nicht auf Frankreich beschränkt. Auch in Italien und in anderen Ländern war sie weit verbreitet. Am längsten, bis ins 18. Jahrhundert, hielt sie sich jedoch in Frankreich. Über die Artikulation der Violinmusik des 16. Jahrhunderts schreibt Boyden: “Wegen der Art des Bogens und der Tatsache, dass der Violinspieler gewöhnlich zum Tanz musizierte, wurde der größere Teil der Violinmusik wahrscheinlich anders als heute in einem artikulierteren non Legato-Stil gespielt. Wie oben erklärt, ergibt das nachgebende Haar aller dieser konvexen Bogen eine weitaus natürlichere Artikulation als ein moderner Bogen. Der Schwerpunkt des alten Bogens liegt im Allgemeinen näher zum Frosch, und daher ist die Bogenspitze leichter. Demzufolge haben Bogenstriche im oberen Drittel des alten Bogens weniger Kraft als ähnliche Striche mit einem modernen Bogen. Und diese Eigenschaft, kombiniert mit der dem alten Bogen eigenen Nachgiebigkeit, ergibt natürlich eine deutlichere Artikulation oder Trennung zwischen den Tönen oder Phrasen. In der Regel war der alte Bogen (obwohl nicht genormt) wesentlich kürzer als der moderne. Da die Bogen allgemein kürzer waren, waren auch die Bogenstriche kürzer als beim modernen Spiel. Was die musikalischen Erfordernisse betraf, brauchte die Tanzmusik einen präzisen Rhythmus; eine klare non legato-Artikulation zwischen den Bogenstrichen kam dieser Notwendigkeit besser entgegen als der heute beliebte ausgesprochene Legato-Bogenwechsel. In der Violinmusik des 16. Jahrhunderts muss daher zweifellos ein größerer Eindruck von Licht und Luft bestanden haben, mehr Atem zwischen den Phrasen, eine Art von non Legato-Stil, der für den lebhaften Rhythmus geeignet ist. Eine klare Gliederung, die dem Atemholen der Sänger entspricht, deren Kunst die Tongebung des Violinspielers nachgebildet war, war für die Violinspieler früherer Zeiten natürlich. Sie waren nicht besessen von der modernen Manie für den »Bogen ohne Ende« – einen glatten und nahtlosen Bogenwechsel, der seit dem 19. Jahrhundert die Violinspieler immer mehr beschäftigt.” Über den Gebrauch der Violine in Deutschland ist aus dem 16. Jahrhundert sehr wenig bekannt. Aus einem Bericht über die Hochzeitsfeierlichkeiten von Wilhelm V., Herzog von Bayern und Renée von Lothringen vom 22. Februar bis 9. März 1568, geht hervor, dass Orlando di Lasso für die musikalische Leitung dieses Festes verantwortlich zeichnete. Hans Mielich, der Hofmaler (und Schwiegersohn Lassos) malte die Münchner Hofkapelle, die zu dieser Zeit unter Lasso spielte und sang. Leider sind die verwendeten Bögen kaum bis gar nicht zu erkennen. Die wenigen erhaltenen Musikstücke des 16. Jahrhunderts deuten darauf hin, dass die spezifischen Möglichkeiten der Violine wenig ausgenutzt wurden, besonders dort, wo die Violine der Volksmusik diente. Sieht man sich noch einmal die Bögen dieser Zeit an, so wird deutlich, dass sie in ihrer einfachen Bauart und Unvollkommenheit der Musik dieser Zeit gewachsen waren. Hier treffen zwei Bedingungsfelder zusammen: Die Musik konnte nur das fordern, was das Material zu geben vermag oder eine ausgefeiltere Herstellung der Bögen war noch nicht nötig, weil die Musik nicht mehr verlangte. Wie oben bereits erwähnt, waren die Bögen im 16. Jahrhundert in Frankreich sehr kurz. Hier wurden sie hauptsächlich für die Tanzmusik eingesetzt. In Italien jedoch, wo es ab dem Ende des 16. Jahrhunderts schon Violinen höchster Vollendung gab und diese meist zur Begleitung von Singstimmen und später für Sonaten verwendet wurden, finden sich längere Bögen. Diese Bögen werden nun nicht mehr mit dem Daumen unter den Haaren, sondern mit dem Daumen an der Stange gegriffen. Über die nächsten 150 Jahre war dieser Bogengriff als der “italienische Griff” bekannt. “Der italienische Bogengriff ist viel sensibler, da man damit durch verschiedenen Fingerdruck die Stange besser beeinflussen kann. Der Ton wird modellierfähiger und entspricht dem Verlangen nach einem gesanglichen, lyrischen, der menschlichen Stimme ähnlichen Klang […].” Hier stehen wir auch an einer Weggabelung zweier Nationen: Italien nimmt den Weg zur solistischen Violinliteratur, während Frankreich mit seiner Musik dem Tanz als vorrangige Form – wenn auch in der Kunstmusik zu höchster Vollendung gelangt – noch für eine gute Zeit verhaftet bleibt. Wie schon angedeutet, war die “französische Bogenhaltung” in Frankreich auch noch im 18. Jahrhundert verbreitet. Michelle Corrette (1709-1795) illustriert sie in seiner “L’École d’ Orphée” (1738) und beschreibt sowohl den französischen als auch den italienischen Griff: “Die Italiener halten den Bogen in drei Vierteln (seiner Länge), indem sie vier Finger zu Buchstabe A setzen und den Daumen darunter zu B; und die Franzosen halten ihn an der Saite des Frosches (hausse), indem sie den ersten, zweiten und dritten Finger über das Holz bei C D E setzen, den Daumen unterhalb des Haars bei F und den kleinen Finger an die Saite der Bogenstange bei G. Diese beiden Methoden der Bogenhaltung sind gleich gut und hängen davon ab, welcher Lehrer unterrichtet […] Die Achtel und Sechzehntel werden am Ende des Bogens bei H J gespielt.” Die dem französischen Geiger heute attestierte damalige Rückständigkeit konnte er gar nicht erkennen, denn er hatte ausschließlich französische Musik zu spielen. Erst als er um 1700 mit der italienischen Sonate konfrontiert wurde und die Musik von Arcangelo Corelli und seinen Zeitgenossen in die Hände bekam, wurde ihm die Divergenz der unterschiedlichen Spielarten bewusst. Nach dem Erscheinen der französischen sonatistes um 1720 wurde der französische Griff allmählich altmodisch. Um 1750 war er wohl in der Kunstmusik völlig überholt, denn er ist weder bei Abbé le fils 1761, noch in Corettes Violinlehre von 1782 erwähnt. Doch auch in Italien muss noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein bei Tanzmusiken nach dieser Art gespielt worden sein.