Virtuosen auf der Violine

Niccolo Paganini, 1653-1713, in Venedig, machte aus seinen Auftritten eine effektvolle Schow, komponierte selbst fingerbrecherische Stücke mit technischen Neuheiten.

Yehudi Menuhin, *1916 in New York, begann mit 4 Jahren das Geigespielen, schon mit sieben hatte er seinen ersten Auftritt in San Fransisco, nach einer Reihe großer Auftritte wurde er 1982 Chefdirigent des Royal Philharmonic Orchestra in London.

Isaac Stern, *1920 studierte bei dem Lehrer von Menuhin, war an den Uraufführungen zahlreicher bedeutender Werke beteiligt.

Itzhak Perlman, 31.08.2945, in Jaffa, israelischer Geiger, mit der bedeutendste Geiger des 20. Jahrhunderts, geimeinsame Auftritte mit Pinchas Zukerman.

Weitere: Anne Sophie Mutter, Nigel Kennedy, Pinchas Zuckerman, Pablo de Sarasate, David Oistrach…

 

Niccolò Paganini

Niccolò Paganini (1782-1840) hatte keine sehr angenehme Jugend und wurde von seinem Vater, einem einfachen Kaufmann, schon früh mit eiserner Strenge zum Üben angehalten. Er war ungemein fleißig und konnte so schon mit 12 Jahren sein erstes Konzert geben. Später spezialisierte er sich auf eigene Kompositionen, in denen er brillieren konnte. Werke von anderen zeitgenössischen Komponisten, wie Kreutzer oder Rode, spielte er anfangs nur mittelmäßig, so dass er sie aus seinem Konzertprogramm strich. Ab 1820 brach eine violintechnische Revolution los. Durch die Paganini-Capricen und die Ausnützung ihrer Effekte durch den Komponisten oder andere Virtuosen wie de Bériot und Vieuxtemps schien Viotti jetzt völlig veraltet. “Der Name Paganini ist in der Geschichte des Violinspiels gleichbedeutend mit dem Zenith oder vielmehr der Inbegriff der Virtuosität auf unserem Instrument.” Jedoch auch Paganini hat im eigentlichen Sinn in der virtuosen Geigentechnik nichts wirklich Neues erfunden. Er hat jedoch die vorgefundenen Möglichkeiten kühn weiterentwickelt und konsequent ausgebaut. Moser charakterisiert Paganini folgendermaßen: “[…]hätte Giornovicchi Läufe von 16-24 Noten unter einem geworfenen Bogenstrich herausgebracht, so sah Paganini nicht ein, warum er ihn nicht mit einem Dutzend ricochettierender Töne mehr aus dem Felde schlagen sollte. Und wenn Durand das Staunen der Zuhörer auslöste, indem er kurze melodische Phrasen auf den beiden oberen Saiten mit dem Bogen strich und dazu auf den unteren die Begleitung mit der linken Hand pizzikierte, so war das für Paganini Grund genug, in ganzen Stücken mit dem gleichen, aber auf die Spitze getriebenen Verfahren aufzuwarten usw. […]” Die einzige wirklich auf Paganini zurückgehende Erfindung scheint eine Bogenstrichkombination zu sein, die in Geigerkreisen unter dem Namen “Paganini-Strich” bekannt ist. Nach Paganini jedoch sind so gut wie keine technischen Erfindungen mehr für den Bogen oder das Griffbrett gemacht worden. Durch die eigentlich unnatürliche Übertragung einer triolisierenden Dreiton-Strichart auf gerade Vierton-Gruppen macht dieser Strich einen mehr oder weniger aufgeregten Effekt. Fétis, ein sonst grenzenloser Bewunderer Paganinis, gestand jedoch, dass er ihn als “Sänger auf der Geige” innerlich kalt ließ: “Was ich bei seinem Spiel empfand, war Staunen und grenzenlose Bewunderung; aber nur selten hat es mich gerührt und mit jenem seelischen Gefühl ergriffen, das mir vom wahren Ausdruck der Musik unzertrennlich scheint.” Auch mehrere andere Sachverständige, die Paganini gehört hatten, rühmten zwar seine Sicherheit auf dem Griffbrett, sein Ton soll jedoch trotz Schlackenfreiheit merkwürdig dünn gewesen sein und innerer Wärme entbehrt haben. F. L. Schubert beschreibt relativ genau die etwas merkwürdig anmutende Geigen- und Bogenhaltung Paganinis, die in einigen späteren Schulen aufgegriffen wurde und ihre Verbreitung fand. “Paganini’s Haltung war gezwungener, indem er die Spitze des Ellenbogens ganz dicht, mit auswärts gekehrtem Oberarm, an seinen Körper drückte; der rechte Arm lag bei ihm fest am Körper und derselbe bewegte sich beinahe niemals. Freien Spielraum hatte bei ihm nur das gekrümmte Handgelenk, welches sich äußerst leicht bewegte und mit der größten Schnelligkeit die elastischen Bewegungen des Bogens leitete. Nur bei stark herausgerissenen Arpeggien, wobei der Unterteil des Bogens nahe an den Frosch gebracht wird, hob er die Hand und den Vorderarm etwas höher und den Ellenbogen vom Körper ab.” Diese extreme Bogenhaltung wurde schon 1797 in der italienischen Violinschule von Bartolomeo Campangnoli (1751-1827) gelehrt. In dieser 1827 auch in französischer und deutscher Sprache erschienenen Methode ist das Musterbild eines Geigers abgebildet, dessen Oberarm mit einer Binde an den Rumpf gebunden ist. Augusto Casorti, Schüler des bei C. Lafont und Pierre Baillot in Paris ausgebildeten belgischen Geigers J. L. Meerts (1800-1863) und Schüler von Charles de Bériot (1802-1870) in Brüssel schreibt in der Einleitung zur seiner “Bogentechnik” op. 50: “Tous les coups d’archet se fondent du poignet et de l’avantbras, jamais de l’arrière bras ni de l’èpaule”.

 

Luis Spohr

Louis Spohr (1784-1859) hatte einen langen rechten Arm, mit dem er Töne in allen Stärkegraden aushalten konnte, sowie kräftige aber höchst geschmeidige Gelenke, mit denen er die von ihm angewandten Stricharten, wie vor allem das staccato serioso, besonders gut hervorbrachte. Er selbst nannte diese Strichart, wenn sie gut ausgeführt ist, eine der Hauptzierden des Solospiels. Er war jedoch nicht nur in den “neuen” Stricharten bewandert. “Großen Eindruck hat auf die Zeitgenossen auch vor allem seine dem Belcanto der alten Italiener abgelauschte Fähigkeit des ‘Tonspinnens’ gemacht, d.h. die Kunst, einen zarten pianissimo beginnenden Ton unter Zuhilfenahme des Vibrato allmählich zu immer größerer Klangstärke anschwellen zu lassen.” Doch trotz der Reinheit des Tones und einer vollkommen durchgebildeten Bogentechnik war sein Spiel nicht glanzvoll, zumindest nicht so glanzvoll wie das Niccolò Paganinis, an dessen Maßstab alle ihm nachfolgenden Geiger gemessen wurden. “Vielleicht war seine entschiedene Abneigung gegen ein häufig angewendetes Vibrato einer der Gründe, warum sein Spiel nicht hinriss.” In seiner Violinschule von 1832 spricht Louis Spohr den Bögen von François Tourte ein großes Lob aus. Er erwähnt das “unbedeutende Gewicht bei befriedigender Elastizität der Stange”, “die gleichmäßige Biegung, bei der die größte Annäherung zum Haar genau in der Mitte zwischen Kopf und Frosch ist” und “die extrem genaue und saubere Arbeit”. Seit Louis Spohr finden sich in den Violinschulen die Bezeichnungen G.B. für “ganzer Bogen”, H.B. für “halber Bogen”. Spohr war ein überaus erfolgreicher Lehrer, der bis 1860 nicht weniger als 187 Schüler ausbildete. Viele seiner Schüler wurden wiederum Lehrer und hatten als “Spohrschüler” nicht über mangelnden Zulauf zu klagen. Spohr bildete jedoch eher gute Orchestermusiker, denn Virtuosen heran. Sein Verdienst springt also nicht sofort ins Auge, zu dem Niveau der heutigen Orchester jedoch hat Spohr die Fundamente mitgelegt.